Was sind SARS-CoV-2 und COVID-19?

Die Zahlen von Neuinfektionen sind über Wochen hinweg stark angestiegen. Mittlerweile gehört es daher zum normalen Bild, dass Menschen mit Atemschutzmasken herumlaufen und wir uns häufig an einem Tag die Hände desinfizieren. Diese Maßnahmen kennt man ansonsten eher aus dem Klinikalltag von Ärzten.

Aber wogegen genau schützen wir alle uns eigentlich gerade? Jeder weiß zwar, dass es sich um das sogenannte ‚Corona-Virus‘ handelt. Vielen ist jedoch noch nicht gänzlich klar, was die beiden anderen Begriffe, nämlich SARS-CoV-2 und COVID-19, bedeuten.

In diesem Artikel erklären wir Ihnen, worin sich die beiden genannten Begriffe unterscheiden. Zudem erfahren Sie, was das Virus in unserem Körper macht und wie genau dessen Lebenszyklus abläuft. Weiterhin stellen wir kurz dar, woher das Virus möglicherweise kommt und wie es sich überträgt.

Was bedeuten die Bezeichnungen SARS-CoV-2 und COVID-19?

Auf den ersten Blick mögen die unterschiedlichen Begriffe, die man im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus verwendet, verwirrend sein. Viele fragen sich: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen den Begriffen Coronavirus, COVID-19 und SARS-Cov-2?

Grundsätzlich lässt sich zwischen zwei Begriffen differenzieren. In der Fachsprache bezeichnet man das Virus mit dem Begriff SARS-CoV-2. Hiermit ist der Erreger gemeint, der sich von Mensch zu Mensch (oder auch zwischen Tieren, siehe unten) überträgt. Der Erreger verursacht in vielen Fällen, dass nach der Infektion eine Erkrankung im Körper des Betroffenen ausbricht. Diese Erkrankung bezeichnet man als COVID-19. Dies ist eine Abkürzung für die englische Bezeichnung ‚coronavirus disease‘, was auf Deutsch ‚Coronavirus-Erkrankung‘ bedeutet.

Das bedeutet, dass die Begriffe zwei unterschiedliche Stufen im Geschehen rund um das im Volksmund sogenannte Coronavirus bezeichnen: Das Virus SARS-Cov-2 ist als Krankheitserreger die Ursache der Erkrankung und COVID-19 ist die Folge von SARS-CoV-2, also die durch das Virus ausgelöste Krankheit.

Das Virus SARS-CoV-2 ist ein Coronavirus

Vorgeschlagen hat die Bezeichnung die verantwortliche Studiengruppe des zuständigen Internationalen Komitees. Diese hat sich eingehend mit der Einordnung des Virus befasst. Die Bezeichnung SARS-CoV-2 weist auf die enge Verwandtschaft des neuartigen Virus mit dem bekannten SARS-Virus hin. Zur Verdeutlichung bezeichnet man das SARS-Virus mittlerweile auch als SARS-CoV-1.

Die Bezeichnung Corona kommt daher, dass die beiden genannten Viren der Gruppe der Coronaviren angehören. Beide Viren, SARS-CoV-1 und SARS-CoV-2, lösen sowohl beim Menschen als auch beim Tier unterschiedlich schwere Erkrankungen aus.

Coronaviren sind behüllte RNA-Viren. Es sind viele dieser Viren im Tierreich bekannt. Allerdings gehen nur sieben dieser Viren auf den Menschen über und rufen Symptome hervor (sog. ‚humanpathogene Viren‘). Diese Art der Viren rufen in den meisten Fällen die typischen Symptome einer Erkältung hervor.

Es gibt drei Arten von Coronaviren, die eine Lungenentzündung (in der Fachsprache Pneumonie) und akutes Lungenversagen verursachen können. Diese sind:

  • MERS-CoV: Abkürzung für Englisch ‚middle east respiratory syndrome coronavirus‘
  • SARS-CoV: Kurz für Englisch ‘severe acute respiratory syndrome coronavirus’
  • SARS-CoV2: Kurz für Englisch ‘severe acute respiratory syndrome coronavirus 2’ (siehe unten)
Übertragungswege von Erregern – Abhilfe durch die Atemschutzmaske

SARS-CoV-2 ist ein RNA-Virus – Was bedeutet das?

Um Zellen zu vermehren, müssen diese Informationen über sich selbst weitergeben. Dies gilt für Zellen des menschlichen Körpers gleichermaßen wie für Viren. Wie funktioniert ein solcher Prozess der Informationsweitergabe und Vermehrung? Um etwas genauer zu verstehen, was ein Virus in unserem Körper macht, zeigen wir Ihnen hier, wie sich Zellen vermehren. Dazu ist wichtig, Grundbegriffe der Zellgenetik zu betrachten.

Biochemische Grundlagen der Zellvermehrung

Die Informationen einer jeden Zelle befinden sich in ihrem jeweiligen Erbgut. Sie bestehen biologisch aus Nukleinsäuren, die sich aus langen Ketten von einzelnen Bausteinen (sog. ‚Nukleotide‘) zusammensetzen. Man bezeichnet diese langen Ketten als sogenannte ‚Polymere‘.

Die Nukleotide sind vor allem Uracil, Cytosin, Adenin und Guanin. Die Reihenfolge, in der diese vorliegen, macht die Zellinformation aus. Denn aus dieser Reihenfolge ergibt sich jeweils, wie die neue Zelle aufgebaut ist.

Es gibt zwei unterschiedliche Arten, auf die Erbgut vorliegen kann. Diese sind:

  • DNA: Akronym für den englischen Begriff ‚desoxyribonucleic acid‘; Deutsch: Desoxyribonukleinsäure. Sie liegt in einem Doppelstrang vor (sog. ‚Doppelhelix‘).
  • RNA: Akronym für den englischen Begriff ‚ribonucleic acid‘; Deutsch: Ribonukleinsäure. Sie liegt in einem Einzelstrang vor.

RNA-Viren und DNA-Viren

Die RNA zeichnet sich dadurch aus, dass die Nukleinsäuren in einem einzelnen Strang (sog. ‚einzelsträngig‘) vorliegt (es können abschnittsweise auch Doppelstränge vorkommen). Die RNA ähnelt der DNA im biochemischen Aufbau. Sie ist jedoch in ihren Strängen etwas kürzer.

RNA-Virus bedeutet also, dass sich das Virus mittels RNA und nicht mittels DNA vermehrt. Beispiele für Viren, die sich mittels DNA vermehren, sind:

  • HI-Virus (verursacht die Krankheit AIDS)
  • Hepatitis-B-Virus

Beispiele für Viren, die sich mittels RNA vermehren, sind:

  • SARS-CoV-2
  • Masernvirus
  • Mumpsvirus
  • Parainfluenzavirus

Was genau macht das Virus in uns? – Die Vermehrung von SARS-CoV-2 in unserem Körper

Wie andere Viren auch, vermehrt sich das SARS-CoV-2-Virus, wenn es in den Körper eines Menschen eindringt. Es benötigt hierfür eine fremde Zelle, um neue Viren zu produzieren. Diese Zelle bezeichnet man als Wirtszelle. Die Vermehrung läuft in mehreren Stufen ab.

Wichtig ist, dass sich Viren nicht durch Zweiteilung vermehren, so wie es menschliche Zellen tun. Vielmehr produzieren sie einzelne Bestandteile mithilfe der Wirtszelle. Diese einzelnen Bausteine legen die Viren daraufhin zusammen (sog. ‚Zusammenlagerung‘), um neue Viren zu bilden.

Anheften und eindringen – Körpereigene Rezeptoren spielen eine Rolle

Zunächst heftet sich das Virus an die Wirtszelle an. Man bezeichnet diesen Prozess als ‚Adsorption‘. Im Fall von SARs-CoV-2 geschieht dies an einem bestimmten Punkt der Zelle. Dies ist der sogenannte ‚ACE2-Rezeptor‘ (Abk. für engl. ‚Angiotensin-converting enzyme 2‘). Diese Rezeptoren befinden sich vor allem auf den Zellen der Lunge und des Herzens.

Der Rezeptor ist ein Protein, welches normalerweise Botenstoffe aus dem Körper aufnimmt. Das Protein ist wichtig für die Behandlung von Herzproblemen: Hemmt man die Rezeptoren mit sogenannten ‚ACE-Hemmern‘, dann verbessern sich Symptome wie hoher Blutdruck. Ein Beispiel für ein solches Medikament ist Ramipril.

Was hat SARS-CoV-2 genau mit Herzmedikamenten zu tun?

Das Virus setzt genau da an, wo auch Medikamente für die Herzgesundheit wirken. Deshalb besteht potenziell die Gefahr, dass Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten (ACE-Hemmern) und der Aufnahme des Virus durch die Zellen bestehen.

Zusätzlich weisen Patienten mit einer Vorerkrankung des Herz-Kreislauf-Systems mehr ACE2-Rezeptoren auf – vor allem auf den Zellen des Herzmuskels und auf den Herzgefäßzellen. Dies hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Luka Nicin vom Institut für Kardiovaskuläre Regeneration der Goethe-Universität Frankfurt in einer aktuellen Studie herausgefunden.

Die Studie hat zudem eine mögliche indirekte Wechselwirkung mit der Aufnahme von SARS-CoV2-Viren aufgezeigt: Wenn Patienten ACE-Hemmer einnehmen, dann weisen deren Herzzellen signifikant mehr ACE2-Rezeptoren auf als gesunde Personen. Das bedeutet, dass das Virus sehr viel mehr Stellen findet, an welche es andocken kann.

Besteht Handlungsbedarf? ACE-Hemmer vorsorglich absetzen?

Die Forscher schlussfolgern aufgrund dieser Ergebnisse, dass man den Einfluss von ACE2-Hemmern auf die Infektion mit SARS-CoV-2 und den Verlauf der Erkrankung Covid-19 weiter untersuchen sollte. Ohnehin ist es laut der Autoren wichtig, kardiovaskuläre Komplikationen bei den Patienten zu überwachen.

Dennoch warnen die Wissenschaftler und Ärzte davor, Medikament eigenständig abzusetzen. Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen sollten die vom Arzt verschriebenen ACE-Hemmer weiter einnehmen. Bei Unsicherheiten ist immer zunächst ein Arzt zu konsultieren. Denn die Medikamente eingenhändig abzusetzten, kann schwere negative gesundheitliche Folgen haben.

Quelle: Luka Nicin, u. a. (2020): Cell type-specific expression of the putative SARS-CoV-2 receptor ACE2 in human hearts. In: European Heart Journal 41(19), S. 1804–1806.

Der nächste Schritt im Lebenszyklus des Virus: Vermehrung im Zellkern oder im Zytoplasma

Das Virus dringt in die Wirtszelle ein, um sich dort zu vermehren. Nun beginnt der sogenannte ‚Vermehrungszyklus‘. Hierfür benötigen Viren in den meisten Fällen Unterstützung von der Wirtszelle. Dazu dringen sie bis in den Zellkern vor, wo sich das Erbgut der Wirtszelle befindet. Denn im Zellkern finden die Viren die nötigen Proteine, zellulären Werkzeuge und Bausteine, die sie brauchen, um ihr eigenes genetisches Material zu vervielfältigen.

Nicht alle Viren schaffen es, bis in den Zellkern zu gelangen. Sie können sich jedoch auch außerhalb des Zellkerns, im umliegenden Zytoplasma, vermehren. Hier müssen sie aus ihrer eigenen Kraft heraus ihr Erbgut vermehren. Dies ist möglich, da Viren sozusagen ihre eigenen mikrobiologischen Werkzeuge mitbringen. Wichtig ist hierbei vor allem die sogenannte ‚RNA-Polymerase‘. Diese beschleunigt den Aufbau neuer Moleküle. Um die Vermehrung einzuleiten, setzt das Virus zunächst seine Nucleinsäure frei (sog. ‚Uncoating‘).

Bei der RNA-Polymerase handelt es sich um eine Art zelluläre Kopiermaschine. Diese liest genetische Informationen von dem im Virus vorhandenen Erbgut ab. Daraufhin übersetzt sie die Informationen aus dem Erbgut und erstellt ein neues, langes Molekül. Man nennt diesen Prozess ‚Transkription‘. Das entstandene Molekül dient als eine Art Blaupause für die Proteine, aus denen das Erbgut des Virus besteht.

Zusammenbau und Freisetzung

Durch den Transkriptionsprozess vermehrt das Virus sein eigenes Erbgut (sog. ‚Replikation‘) und es entstehen neue Virusbestandteile. Die einzelnen Komponenten werden im nächsten Schritt zusammengesetzt (sog. ‚Assembly‘). Die neu gebildeten Viren werden im letzten Schritt aus der Wirtszelle freigesetzt, um weitere Zellen im Organismus zu infizieren (sog. ‚Exozytose‘).

Woher kommt SARS-CoV-2?

Bislang ist noch nicht bekannt, welchen genauen Ursprung der Krankheitserreger namens SARS-CoV-2 hat. Man nimmt an, dass eine Übertragung auf einem Tiermarkt in China die Pandemie ausgelöst hat. Die Stadt, in der die erste Übertragung auf den Menschen stattgefunden haben soll, heißt Wuhan.

Dies wirft Fragen bezüglich der möglichen Überträger auf. Denn offenbar können die Erreger von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Dass eine Übertragung von Mensch zu Mensch der häufigste Übertragungsweg ist, gilt als sichergestellt.

Im Fall der menschlichen Übertragung nimmt das Virus vor allem zwei Infektionswege, um in den Körper zu gelangen. Diese sind:

  • Tröpfcheninfektion über die Luft (sog. ‚aerogene Übertragung‘)
  • Kontaktinfektion (sog. ‚Schmierinfektion‘)

Möchten Sie sich weiter über mögliche Infektionswege und Eintrittspforten für das Virus in den menschlichen Körper informieren? Erfahren Sie mehr in unserem zugehörigen Beitrag Übertragungswege von Erregern – Abhilfe durch die Atemschutzmaske.

Wann geschieht die Ansteckung durch das Virus?

Die Übertragung von SARS-CoV-2 durch andere Menschen kann bereits zu Anfang des Lebenszyklus der Viren im menschlichen Wirt geschehen – also sobald sich das Virus im Körper einer Person befindet. Man bezeichnet die Zeit zwischen der Infektion durch ein Virus und dem Ausbruch der Erkrankung als ‚Inkubationszeit‘. Im Fall von SARS-CoV-2 rechnet man mit einer Inkubationszeit von ungefähr 14 Tagen.

Auch während dieser Inkubationszeit sind die betroffenen Personen für andere ansteckend. Das bedeutet, dass infizierte Personen den Krankheitserreger an andere weitergeben, bevor die ersten klinischen Symptome auftreten. Daher sind Vorsichtsmaßnahmen wie das Tragen einer Atemschutzmaske oder regelmäßiges Händewaschen immer wichtig – auch wenn Ihre Mitmenschen nicht offenkundig krank sind.

Können auch Tiere das Virus übertragen?

Die Tatsache, dass das Virus auf Menschen und auf Tiere übergehen kann, wirft Fragen auf. Zum Beispiel: Kann die Erkrankung auch durch unsere Haustiere auf uns übergehen? Wäre dies der Fall, dann müssten wir uns nicht nur gegen eine Ansteckung durch unsere Mitmenschen schützen, sondern auch gegen eine Ansteckung durch unsere Haustiere.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bislang keine Indizien dafür finden können, dass die Erreger ihren Weg über Haustiere wie Hunde oder Katzen zum Menschen nehmen. Dennoch untersuchen Forscher die möglichen Übertragungswege derzeit immer weiter.

So hat eine aktuelle Studie ergeben, dass unter Laborbedingungen die Möglichkeit einer Infektion von SARS-CoV-2 zwischen Katzen besteht. Das bedeutet, dass sich das Virus von Katze zu Katze überträgt. Ein Forscherteam aus Japan und den Vereinigten Staaten unter der Leitung von Peter J. Halfmann von der University of Wisconsin hat dies mit drei Tierpaaren getestet.

Aktuelle Studie: Das Infektionsrisiko von Katzen testen

Jeweils eine mit SARS-CoV-2 infizierte Katze und eine nicht infizierte teilten sich einen engen Lebensraum. Nach einer Testphase von fünf Tagen waren alle Tiere mit dem Virus infiziert. Dies lässt sich daran messen, dass die Katzen virusspezifische Antikörper bildeten. Es lag also eine sogenannte aktive Infektion vor, die mit einer körperlichen Immunantwort einhergeht.

Das Interessante hierbei ist, dass die Tiere keine Krankheitssymptome aufwiesen. Dadurch lässt sich ohne einen Test auf Antikörper nicht erkennen, dass die Tiere die Erkrankung in sich tragen.

Bedeutung für den Umgang mit Haustieren

Die Ergebnisse der Studie lassen keine Schlüsse darauf zu, ob Haustiere die Erkrankung auf Menschen übertragen können. Die Transmissionskette von Mensch zu Katze zu Mensch müsse daher laut der Forscher in weiteren Studien untersucht werden. Falls eine solche Weitergabe von SARS-CoV-2 möglich ist, dann ist große Vorsicht geboten. Denn dadurch, dass die Tiere keine Symptome zeigen, lässt sich die Infektion nicht mit bloßem Auge erkennen.

Quelle: Peter J. Halfmann, u. a. (2020): Transmission of SARS-CoV-2 in Domestic Cats. Preprint. In: The New England Journal of Medicine.

Autor

Dr. Dr. Tobias Weigl

Quellen